Gesetzliche Erbfolge
Wer erbt, wenn kein Testament vorhanden ist?Was ist die gesetzliche Erbfolge?
Die gesetzliche Erbfolge regelt, wer erbt, wenn ein Verstorbener (der sogenannte „Erblasser“) kein Testament hinterlassen hat und auch keinen Erbvertrag abgeschlossen hat.
Rechtliche Grundlage: Die gesetzliche Erbfolge ist in den §§ 1922–1992 des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt.
Wichtig: Die gesetzliche Erbfolge ist nur die Standardregelung. Mit einem Testament können Sie völlig andere Regelungen treffen!
Die fünf Erbordnungen – Das System der gesetzlichen Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge in Deutschland unterscheidet zwischen fünf Ordnungen von Erben:
Erben der 1. Ordnung – Die Abkömmlinge
Wer gehört dazu?
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Kinder des Verstorbenen (leiblich und adoptiert)
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Enkel (wenn das Kind bereits verstorben ist)
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Urenkel (wenn Enkel und Kind bereits verstorben sind)
Erbrecht: Erben 1. Ordnung haben absoluten Vorrang. Wenn es Erben 1. Ordnung gibt, erben nur diese – alle anderen Verwandten werden ausgeschlossen!
Beispiel:
Herr Müller verstirbt und hinterlässt:
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1 Sohn (lebt noch)
-
1 Tochter (lebt noch)
-
2 Enkel (Kinder des verstorbenen Sohnes)
-
1 Bruder
Wer erbt? Nur der Sohn und die Tochter. Die Enkel und der Bruder erben nichts (weil es lebende Erben 1. Ordnung gibt).
Erben der 2. Ordnung – Eltern und Geschwister
Wer gehört dazu?
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Eltern des Verstorbenen
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Geschwister des Verstorbenen
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Neffen und Nichten (Kinder der Geschwister)
Erbrecht: Erben 2. Ordnung erben nur, wenn es keine Erben 1. Ordnung gibt.
Beispiel:
Frau Schmidt verstirbt und hinterlässt:
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Keine Kinder, Enkel oder Urenkel (keine Erben 1. Ordnung)
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1 lebende Mutter
-
1 Bruder
-
2 Neffen (Kinder des verstorbenen Bruders)
Wer erbt? Die Mutter und der Bruder. Die Neffen erben nichts.
Erben der 3. Ordnung – Großeltern und deren Nachkommen
Wer gehört dazu?
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Großeltern des Verstorbenen
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Onkel und Tanten des Verstorbenen
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Cousins und Cousinen (Kinder der Onkel/Tanten)
Erbrecht: Erben 3. Ordnung erben nur, wenn es keine Erben 1. oder 2. Ordnung gibt.
Erben der 4. Ordnung – Urgroßeltern und deren Nachkommen
Wer gehört dazu?
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Urgroßeltern des Verstorbenen
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Großonkel und Großtanten
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Großcousins und Großcousinen
Erbrecht: Erben 4. Ordnung erben nur, wenn es keine Erben 1., 2. oder 3. Ordnung gibt.
Erben der 5. Ordnung und fernere – Entferntere Voreltern
Wer gehört dazu?
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Entferntere Voreltern des Verstorbenen und deren Nachkommen
-
Je weiter die Verwandtschaft, desto fernere Erben
Erbrecht: Diese erben nur, wenn es keine näheren Erben gibt (was äußerst selten ist).
Praktische Konsequenz: Ab der 5. Ordnung erbt der Staat, wenn keine Erben vorhanden sind.
Das Repräsentationsprinzip – Eine wichtige Regel
Was ist das Repräsentationsprinzip?
Das Repräsentationsprinzip besagt: Ein zum Zeitpunkt des Erbfalls lebender Verwandter schließt alle seine Abkömmlinge von der Erbfolge aus.
Vereinfacht: Wenn die Person selbst noch lebt, erbt sie – nicht ihre Kinder.
Beispiel – Das Repräsentationsprinzip:
Frau Klug verstirbt und hinterlässt:
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1 Sohn (lebt noch)
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1 Tochter der Sohn (= Enkelin von Frau Klug)
Wer erbt? Nur der Sohn der Frau Klug. Die Enkelin erbt nichts – weil der Sohn noch lebt und diese „repräsentiert“.
Aber: Wenn der Sohn bereits verstorben wäre und die Enkelin noch lebt, würde die Enkelin erben (an Stelle ihres verstorbenen Vaters).
Das Stammesprinzip – Wie wird innerhalb einer Ordnung geerbt?
Was ist das Stammesprinzip?
Das Stammesprinzip regelt, wie das Erbe unter den Erben einer Ordnung verteilt wird.
Regel: Jeder Stamm erbt zu gleichen Teilen. Eine lebende Person schließt ihre eigenen Abkömmlinge aus.
Beispiel – Das Stammesprinzip:
Frau Inga Klug hinterlässt:
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Sohn Norbert (lebt noch)
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Tochter Hannelore (lebt noch, hat 2 Kinder = Enkel)
Verteilung nach Stammesprinzip:
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Norbert Klug: 1/2 (sein Stamm)
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Hannelore Schön: 1/2 (ihr Stamm)
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Die Enkel: 0 (weil Hannelore noch lebt und diesen Stamm repräsentiert)
Aber wenn Hannelore bereits verstorben wäre:
-
Norbert Klug: 1/2
-
Enkel 1: 1/4 (jeweils die Hälfte von Hannelores Anteil)
-
Enkel 2: 1/4
Besonderheiten – Stiefkinder, Adoptivkinder, Ehepartner
Stiefkinder – Keine gesetzlichen Erben
Stiefkinder sind mit dem Verstorbenen nicht blutsverwandt und haben daher kein gesetzliches Erbrecht. Sie erben nur, wenn:
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Ein Testament vorhanden ist
-
Ein Erbvertrag abgeschlossen wurde
Adoptivkinder – Volle Erbrechte
Adoptivkinder werden wie leibliche Kinder behandelt. Sie haben volle Erbrechte in der 1. Ordnung.
Der Ehegatte – Ein besonderes Erbrecht
Der überlebende Ehegatte hat neben den Verwandten ein eigenes, unabhängiges Erbrecht. Die Höhe hängt ab von:
-
Der Güterstand (meist Zugewinngemeinschaft)
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Der Ordnung der überlebenden Verwandten
Das Ehegattenerbrecht – Spezielle Regelungen
Ehegattenerbrecht neben Erben 1. Ordnung
Gesetzliche Erbquote:
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Ehegatte: 1/4 (oder 1/2 bei Zugewinngemeinschaft + pauschalisierter Zugewinnausgleich)
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Kinder: teilen sich den Rest zu gleichen Teilen
Beispiel:
Frau Inga Klug hinterlässt:
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Ehemann Hans Klug
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2 Kinder (Norbert und Hannelore)
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Güterstand: Zugewinngemeinschaft
Erbverteilung:
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Hans Klug (Ehegatte): 1/4 + 1/4 (Zugewinnausgleich) = 1/2
-
Norbert (Kind): 1/4
-
Hannelore (Kind): 1/4
Ehegattenerbrecht neben Erben 2. Ordnung
Gesetzliche Erbquote:
-
Ehegatte: 1/2 (oder 3/4 bei Zugewinngemeinschaft)
-
Eltern/Geschwister: teilen sich den Rest
Wichtiger Hinweis: Der Ehegatte erbt NICHT allein, wenn es Erben 2. Ordnung gibt!
Beispiel – Das kann zu Überraschungen führen:
Frau Inga Klug hinterlässt:
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Ehemann Hans Klug
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Keine Kinder (keine Erben 1. Ordnung)
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Schwester Gertrud
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Güterstand: Zugewinngemeinschaft
Erbverteilung:
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Hans Klug (Ehegatte): 1/2 + 1/4 (Zugewinnausgleich) = 3/4
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Gertrud (Schwester, Erben 2. Ordnung): 1/4
Der Ehegatte erbt zwar mehr, aber NICHT alles!
Das Gradualsystem – Erbfolge ab der 4. Ordnung
Was ist das Gradualsystem?
Ab der 4. Ordnung gilt nicht mehr das Stammes-, sondern das Gradualsystem.
Regel: Ein Grad ist eine vermittelnde Geburt. Die Person, die dem Erblasser blutsmäßig am nächsten steht, erbt allein.
Beispiel:
Herr Müller hinterlässt (kein Testament, keine Erben 1–3):
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Urgroßonkel A (Urgroßeltern-Generation)
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Großcousin B (Großeltern-Generation)
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Cousin C (Eltern-Generation)
Wer erbt? Cousin C allein – weil er dem Erblasser blutsmäßig am nächsten steht.
Sonderfälle und Problematiken
Nicht eheliche Lebensgemeinschaften
Menschen in einer Lebensgemeinschaft ohne Trauschein (nicht verheiratet, nicht eingetragen):
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Haben KEINE gesetzlichen Erbrechte füreinander
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Ein Testament ist absolut notwendig!
Getrennt lebende oder geschiedene Ehepartner
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Getrennt lebende Ehepartner: Behalten ihr Erbrecht
-
Geschiedene Ehepartner: Verlieren ihr Erbrecht vollständig
Mehrfachehen und neue Partnerschaften
Bei mehreren Ehen können komplexe Situationen entstehen. Besonders wichtig: Ein Testament kann hier viele Missverständnisse vermeiden.
Auslandsbezüge – Internationale Erbfälle
Achtung – Das ist sehr komplex!
Diese Seite behandelt nur deutsche Sachverhalte (deutsche Staatsangehörige + Nachlass in Deutschland + deutscher Wohnsitz).
Bei Erbfällen mit Auslandsbezug kann auch ausländisches Erbrecht gelten:
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Verstorbener war nicht deutsch
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Vermögen ist im Ausland
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Erben sind im Ausland
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Nachlass betrifft mehrere Länder
Mögliches Problem: „Nachlassspaltung“ – Ein Teil des Vermögens wird nach deutschem, ein Teil nach ausländischem Recht vererbt.
Dringende Empfehlung: Bei internationalen Erbfällen einen Fachanwalt für internationales Erbrecht konsultieren!
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Unterschied zwischen gesetzlicher Erbfolge und Testament?
Gesetzliche Erbfolge ist automatisch. Ein Testament erlaubt Ihnen, selbst zu bestimmen, wer erbt – auch völlig abweichend von der gesetzlichen Erbfolge.
Ich bin verheiratet, aber mein Ehepartner ist nicht der Vater/die Mutter meiner Kinder. Wie wird geerbt?
Nach gesetzlicher Erbfolge erben der Ehepartner und alle Kinder (egal, ob gemeinsam oder aus früheren Beziehungen). Ein Testament kann das regeln.
Mein Partner und ich sind nicht verheiratet. Erbt mein Partner etwas von mir?
Nein. Ohne Testament erbt Ihr Partner nichts – nur Familie erbt. Ein Testament ist zwingend erforderlich!
Ich habe Stiefkinder. Erben diese von mir?
Nein. Stiefkinder sind nicht blutsverwandt und haben kein gesetzliches Erbrecht. Ein Testament ist erforderlich, wenn Sie das ändern möchten.
Was passiert mit meinem Erbe, wenn ich kinderlos bin und keine Verwandten habe?
Der Staat erbt. Das Vermögen fließt in die öffentlichen Kassen des Bundeslandes.
Kann ich den Pflichtteil von meinen Erben fordern, selbst wenn ich enterbt wurde?
Ja, aber nur unter bestimmten Bedingungen und nur für nahe Verwandte. Konsultieren Sie einen Anwalt.
Mein Ehepartner hat kein Testament und ist verstorben. Wieviel erbe ich?
Das hängt davon ab, welche anderen Erben es gibt:
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Mit Kindern: 1/4 (oder 1/2 mit Zugewinnausgleich)
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Ohne Kinder, aber mit Eltern: 1/2 (oder 3/4 mit Zugewinnausgleich)
-
Ohne Verwandte: 100%
Ist die gesetzliche Erbfolge bindend?
Nein. Sie können die Erbschaft ausschlagen (innerhalb von 6 Wochen nach Kenntnisnahme des Erbfalls). Sie können auch ein Testament anfechten.
Kann ich die gesetzliche Erbfolge mit einem Testament komplett ignorieren?
Fast ja – aber nicht völlig! Der Pflichtteil schränkt die Testierfreiheit ein. Nahe Verwandte haben mindestens ein Pflichtteilsrecht.
Warum ist ein Testament trotzdem wichtig?
Die Probleme der gesetzlichen Erbfolge
Auch wenn die gesetzliche Erbfolge gut gemeint ist, führt sie oft zu unerwünschten Ergebnissen:
❌ Problem 1: Ehegatten mit Erben 2. Ordnung erben nicht allein
❌ Problem 2: Stiefkinder erben nichts (obwohl Sie sie mögen)
❌ Problem 3: Lebenspartner erben nichts (ohne Trauschein)
❌ Problem 4: Uneheliche Kinder erben wie andere Kinder (gleichberechtigt)
❌ Problem 5: Bei Auslandsbezügen gelten komplexe Regeln
❌ Problem 6: Der Staat erbt, wenn keine Verwandten existieren
Die Lösung: Ein Testament
Mit einem Testament können Sie:
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✓ Selbst entscheiden, wer erbt
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✓ Den Anteil jedes Erben festlegen
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✓ Persönliche Gegenstände vermachen
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✓ Besondere Bedingungen setzen
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✓ Verwirrung und Konflikte vermeiden
Wichtiger Hinweis zur rechtlichen Beratung
⚠️ DIESE SEITE STELLT KEINE RECHTSBERATUNG DAR.
Die Informationen auf dieser Seite dienen der allgemeinen Orientierung und ersetzen keine professionelle juristische Beratung durch einen Anwalt oder Notar. Erbrecht ist komplex, und jeder Fall ist individuell unterschiedlich – besonders bei Auslandsbezügen oder größeren Vermögen.
Für verbindliche juristische Beratung konsultieren Sie bitte einen:
-
Rechtsanwalt für Erbrecht – für komplexe Fälle
-
Notar – für Testamentsgestaltung
-
Steuerberater – für Erbschaftssteuerfragen
Das Bestattungshaus Mehl ist kein Rechtsberater und kann keine verbindliche juristische Auskunft geben.
Fazit und Empfehlungen
Faustregel: Immer ein Testament schreiben
Es ist sinnvoll, ein Testament zu verfassen, wenn:
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Sie vom Standard abweichen möchten (z. B. Stiefkinder bevorzugen)
-
Sie in einer Lebensgemeinschaft ohne Trauschein leben
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Sie größere Vermögen haben (Erbschaftssteuerfragen!)
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Sie Vermögen im Ausland haben
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Sie genaue Vorstellungen davon haben, wer erben soll
-
Sie Ihre Familie vor Konflikten bewahren möchten
Wann Sie professionelle Hilfe brauchen
Konsultieren Sie einen Anwalt oder Notar, wenn:
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Sie größere Vermögen haben
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Internationale Sachverhalte vorliegen
-
Sie komplexe Regelungen treffen möchten
-
Sie Steuern sparen möchten (Erbschaftsteuer)
-
Sie ein wasserdichtes Testament brauchen
-
Sie Streitigkeiten zwischen Erben vermeiden möchten
Das Bestattungshaus Mehl und das Erbrecht
Das Bestattungshaus Mehl unterstützt Sie bei:
✓ Beratung zur Bestattungsplanung im Kontext von Erbrecht
✓ Vermittlung zu Rechtsanwälten – für juristische Fragen
✓ Vermittlung zu Notaren – für Testamentsgestaltung
✓ Vermittlung zu Steuerberatern – für Erbschaftssteuerfragen
✓ Bestattungsvorsorge planen – im Rahmen der Erbplanung
Wir sind KEIN Rechtsberater, aber wir helfen Ihnen, die richtigen Fachleute zu finden.
Kontakt und Beratung
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Notare in Schwerin – Eintragung im Notarverzeichnis
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Rechtsanwälte für Erbrecht – über die Rechtsanwaltskammer Mecklenburg-Vorpommern
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